Der aus Hamburg stammende Theologe Johann Hinrich Wichern wurde 1832 Oberlehrer an einer
Sonntagsschule für Kinder in der damaligen Elendsvorstadt St. Georg. Er sah die Not und Armut der Kinder und gründete schon ein Jahr später das Rauhe Haus in Hamburg-Horn. In familienähnlichen Gruppen lebten die Kinder mit einem Betreuer, der Bruder genannt wurde. Die Kinder wurden unterrichtet und erhielten in eigenen Werkstätten auch eine handwerkliche Ausbildung. Ziel von Wichern war die Re-Christianisierung der kirchlich entfremdeten Unterschichten, die Schaffung einer lebendigen Volkskirche und die Überwindung der landeskirchlichen Zersplitterung. Sein Programm der inneren Mission verband Volksmission und soziale Tat. Die Verbindung von Wort und Tat besteht bis heute fort. Die Diakonie, der Dienst am Nächsten gehört nach reformiertem Verständnis untrennbar zur Kirche dazu. Das eine ist ohne das andere nicht denkbar.
Über sein eigenes Tun im Rauhen Haus hinaus wollte Wichern die Gründung ähnlicher Einrichtungen in ganz Deutschland anregen. Und so hielt er auf dem ersten Evangelischen Kirchentag am 22. September 1848 eine programmatische Rede, in der er der Kirche ein kollektives Versagen an der verarmten Bevölkerung vorwarf und zur Gründung eines Centralausschusses für die Innere Mission der deutschen evangelischen Kirche aufrief. Zwei Monate später, im November 1848, gründete sich der Centralausschuss, aus dem viele Jahre später das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. hervorgehen sollte. In der Folge entstand der weitverzweigte und differenzierte Sozialverband der Diakonie.
Die Geschichte der Diakonie ist gekennzeichnet von einer einflussreichen Stellung im deutschen Kaiserreich, wo durch öffentliche Refinanzierung allerdings auch Abhängigkeiten geschaffen wurden oder auch durch eine Anpassung an einen autoritären Wohlfahrtsstaat. So wurde auch in der Inneren Mission die 1933 eingeführte Zwangssterilisation vermeintlich erbkranker Menschen befürwortet. Auf die mit Kriegsbeginn einsetzende Verlegung und Ermordung kranker und behinderter Anstaltsbewohner wurde mit Kritik und hinhaltendem Verhalten, aber nicht mit offenem Protest reagiert.
Ab 1949 stellte die Bundesrepublik Deutschland das Duale System der Wohlfahrtspflege wieder her. Der Markt für soziale Dienstleistungen wurde in Deutschland ab 1990 geöffnet, was zu einer Neuausrichtung diakonischer Einrichtungen als soziale Unternehmen führte.
In 2023 erinnern wir uns an diese Geschichte, die mit Johann Hinrich Wichern begann. Weitere Informationen sind zu finden unter https://ausliebe.diakonie.de oder auch in den Artikeln des Ev.-ref.
Diakonischen Werkes Grafschaft Bentheim, die in den folgenden Gemeindebriefen zu finden sind.
Abschließender Funfact: Johann Hinrich Wichern gilt auch als Erfinder des Adventskranzes. Er stellte 1839 im Betsaal des Rauhen Hauses den ersten Adventskranz der Welt auf.
Aktuelles / Februar 2023
Diakonie in Deutschland – 175 Jahre #aus Liebe
Erschienen am:
16.02.2023
Herausgeber:
Ev. - ref. Diakonisches Werk
Grafschaft Bentheim gGmbH
NINO-Allee 4
48529 Nordhorn
05921 81 111-0
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